Kinder und Jugendliche in einer akuten Krise oder in Gefahr können selbst darum bitten, in Obhut genommen zu werden. Dafür müssen sie sich an das für ihren Wohnort zuständige Jugendamt wenden. Das Jugendamt ist verpflichtet, der Bitte nachzukommen.
Haben Sie als Mitarbeitende der Kinder- und Jugendhilfe eine dringende Gefahr für das Wohl eines Kindes bemerkt? Dann sind Sie verpflichtet, es in die Obhut des Jugendamtes zu geben.
Für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer gilt:
Während der vorläufigen Inobhutnahme hat das Jugendamt gemeinsam mit dem Kind oder der oder dem Jugendlichen Folgendes einzuschätzen:
- Ob das Wohl des Kindes oder der bzw. des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens, das innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zu vollziehen ist, gefährdet würde bzw. ob ihr bzw. sein Gesundheitszustand eine Verteilung ausschließt,
- ob sich eine mit dem Kind oder der bzw. dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält oder
- ob das Wohl des Kindes oder der bzw. des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert.
- Das Jugendamt hat die Pflicht darauf hinzuwirken, dass eine Zusammenführung mit einer verwandten Person im Inland erfolgt, sofern es dem Kindeswohl entspricht.
Achtung: Alle Personen, die erfahren, dass ein Kind in seiner Familie misshandelt wird oder verwahrlost, sollten sofort das Jugendamt informieren. Dies können beispielsweise sein:
- Nachbarinnen oder Nachbarn,
- Verwandte,
- Erziehungs- oder Lehrkräfte
Sobald ein Kind in Obhut genommen ist, darf es eine Person seines Vertrauens benachrichtigen. Die Mitarbeitenden des Jugendamtes sind verpflichtet, sofort die Eltern oder Erziehungs- oder Personensorgeberechtigten zu informieren. In schwerwiegenden Fällen kann das Jugendamt lediglich mitteilen, dass es das Kind in Obhut genommen hat. Die Mitarbeitenden müssen dann weder den Unterbringungsort noch den Grund der Inobhutnahme nennen.
Während der Inobhutnahme ist das Jugendamt berechtigt, vorübergehend alle rechtlichen Schritte zu unternehmen, die zum Wohle des Kindes notwendig sind. Das betrifft z.B. die
- Beaufsichtigung,
- Versorgung und
- Erziehung des Kindes sowie
- dessen Aufenthaltsbestimmung.
Für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer gilt:
Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder der bzw. des Jugendlichen notwendig sind.
Es beteiligt das Kind je nach seinem Alter und Entwicklungsstand an allen Entscheidungen, die die Inobhutnahme betreffen.
Die Inobhutnahme ist nur vorläufig. Sie endet, wenn
- das Kind in die Familie zurückkehren kann oder
- das Jugendamt eine andere Hilfeform (z.B. Erziehung in einer Pflegefamilie, Heimerziehung, betreutes Wohnen) gewährt.
Für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer gilt:
Die vorläufige Inobhutnahme endet
- mit der Übergabe des Kindes oder der bzw. des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
- mit der Übergabe an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde zuständige Jugendamt oder
- mit der Anzeige über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens.
Ziel ist immer, eine nach dem Bedarf geeignete Lösung für das Kind zu finden.
Hinweis: Sind die Eltern nicht einverstanden, entscheidet das Jugendamt, ob es das Kind den Eltern oder Erziehungs- oder Personensorgeberechtigten übergeben kann. Ist dies nicht der Fall, entscheidet das Familiengericht, welche Maßnahmen zum Wohl des Kindes getroffen werden müssen. Es kann zeitweilig oder dauerhaft Teile der Personensorge beziehungsweise die gesamte elterliche Sorge entziehen. Zeigen sich die Eltern zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt bereit, besteht Aussicht auf eine Verbesserung der häuslichen Situation. Dann kann das Kind in seine Familie zurückkehren.